Samstag, 3. November 2012
Klasse
cut, 12:37h
... Auf die sozialen Eruptionen der 1960er Jahre - die Bürgerrechtskämpfe und Ghettoaufstände, die Massenbewegung gegen den Vietnamkrieg und großen Kämpfe der Arbeiterbewegung - reagierte die amerikanische Bourgeoisie, indem sie Identitätspolitik anwandte, um jede Opposition der Massen gegen ihre Politik zu spalten, Verwirrung zu stiften und das erneute Auftreten der Arbeiterklasse als unabhängige gesellschaftliche Kraft zu blockieren.
Schwarzer Nationalismus, "Chicano"-Nationalismus, Frauenbefreiung und Schwulen- und Lesbenbefreiung kamen auf, um nur die am meisten propagierten Formen von Identitätspolitik zu nennen. In jedem Fall wurden dabei tatsächliche gesellschaftliche Probleme bedeutender Teile der amerikanischen Bevölkerung von ihren wirklichen sozioökonomischen Ursachen getrennt - d.h. von der Spaltung der Gesellschaft in eine Handvoll kapitalistischer Besitzer der Produktionsmittel und der großen Mehrheit der Bevölkerung, die ihre Arbeitskraft verkaufen muss, um leben zu können ...
...
... Rassismus und andere Formen von Diskriminierung und gesellschaftlicher Rückständigkeit entspringen aus der Klassengesellschaft und der zugehörigen sozialen Ungleichheit und dienen dazu, die Herrschaft der Kapitalisten aufrechtzuerhalten. Sozialisten kämpfen mit aller Kraft für die Vereinigung aller Teile der Arbeiterklasse, ungeachtet ihrer Hautfarbe, ihrer Ethnie oder ihres Geschlechts ... Die einzig fortschrittliche Methode, um Rassismus und andere ideologische Gifte zu bekämpfen, liegt im revolutionären Kampf gegen den Kapitalismus ...
Ehe man mir das jetzt um die Ohren haut, noch 1-2 Bemerkungen. Einerseits kann ich das unterschreiben. Ohne antikapitalistische Stoßrichtung halte ich alle Bemühungen um die Emanzipation des Menschen im Jahr 2012 für grundsätzlich unzureichend. Andererseits wird mir da zu viel runtergebügelt, was emanzipatorisches Potenzial hat. Den generellen Tenor halte ich aber, wie gesagt, für richtig. Ohne selber Trotzkist zu sein.
Schwarzer Nationalismus, "Chicano"-Nationalismus, Frauenbefreiung und Schwulen- und Lesbenbefreiung kamen auf, um nur die am meisten propagierten Formen von Identitätspolitik zu nennen. In jedem Fall wurden dabei tatsächliche gesellschaftliche Probleme bedeutender Teile der amerikanischen Bevölkerung von ihren wirklichen sozioökonomischen Ursachen getrennt - d.h. von der Spaltung der Gesellschaft in eine Handvoll kapitalistischer Besitzer der Produktionsmittel und der großen Mehrheit der Bevölkerung, die ihre Arbeitskraft verkaufen muss, um leben zu können ...
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... Rassismus und andere Formen von Diskriminierung und gesellschaftlicher Rückständigkeit entspringen aus der Klassengesellschaft und der zugehörigen sozialen Ungleichheit und dienen dazu, die Herrschaft der Kapitalisten aufrechtzuerhalten. Sozialisten kämpfen mit aller Kraft für die Vereinigung aller Teile der Arbeiterklasse, ungeachtet ihrer Hautfarbe, ihrer Ethnie oder ihres Geschlechts ... Die einzig fortschrittliche Methode, um Rassismus und andere ideologische Gifte zu bekämpfen, liegt im revolutionären Kampf gegen den Kapitalismus ...
Ehe man mir das jetzt um die Ohren haut, noch 1-2 Bemerkungen. Einerseits kann ich das unterschreiben. Ohne antikapitalistische Stoßrichtung halte ich alle Bemühungen um die Emanzipation des Menschen im Jahr 2012 für grundsätzlich unzureichend. Andererseits wird mir da zu viel runtergebügelt, was emanzipatorisches Potenzial hat. Den generellen Tenor halte ich aber, wie gesagt, für richtig. Ohne selber Trotzkist zu sein.
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kreuzbube,
Mittwoch, 7. November 2012, 09:47
Trotzki?
Wie aber ist es ihm ergangen, dem Trotzki? Ermordet haben sie ihn. Mit einem Eispickel. Nicht die Kapitalisten, nicht die Rassisten. Der Mörder durfte sich fortan Held der Sowjetunion nennen und bekam den Leninorden.
So geht das.
Nicht, dass Mitleid aufkommen müsste. Der Trotzki kwar selbst fleißig in Sachen Mord und Totschlag, als verantwortlicher oberster Militär. Unzählige Tote bei der Niederschlagung der Bauernaufstände, Massenerschießungen bei den Matrosenaufständen, als so unerhörte Dinge wie Redefreiheit und geheime verlangt wurden. Da hat der Trotzki gezeigt, dass er sich von keinem Kapitalisten in punkto Unterdrückung was vormachen lassen muss.
So geht das.
("So geht das" ist natürlich nur geklaut und eine Phrase aus Kurt Vonneguts hervorragendem Roman "Schlachthaus Nr. 5". Dort steht sie immer da, wo gerade mal wieder einer gestorben ist, für einen großen oder auch nichtigen Anlass).
So geht das.
Nicht, dass Mitleid aufkommen müsste. Der Trotzki kwar selbst fleißig in Sachen Mord und Totschlag, als verantwortlicher oberster Militär. Unzählige Tote bei der Niederschlagung der Bauernaufstände, Massenerschießungen bei den Matrosenaufständen, als so unerhörte Dinge wie Redefreiheit und geheime verlangt wurden. Da hat der Trotzki gezeigt, dass er sich von keinem Kapitalisten in punkto Unterdrückung was vormachen lassen muss.
So geht das.
("So geht das" ist natürlich nur geklaut und eine Phrase aus Kurt Vonneguts hervorragendem Roman "Schlachthaus Nr. 5". Dort steht sie immer da, wo gerade mal wieder einer gestorben ist, für einen großen oder auch nichtigen Anlass).
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cut,
Mittwoch, 7. November 2012, 10:22
Trotzki
Die Diskussion um die Person Trotzkis ist gerade recht aktuell. Es sind ja kürzlich ein paar neue Biografien erscheinen. Etwa die von Robert Service (Trotzki: Eine Biografie). Tenor: Trotzki hätte ebenso wenig wie Stalin eine Gesellschaft des menschenfreundlichen Sozialismus geschaffen. Konträr dazu und als Antwort die Biografie von David North (Verteidigung Leo Trotzkis). Der ist selber Trotzkist und auch Chefredakteur(?) der World Socialist Web Site (http://www.wsws.org/de/). Die ist ja da oben verlinkt.
Ich selber pendele etwas zwischen den beiden Polen. Neige aber eher zu einer kritischen Sicht der historischen Person. Inhaltlichen Diskussionen unter dem Label Trotzkismus kann ich aber trotzdem bisweilen durchaus folgen. Bin aber, wie gesagt, kein Trotzkist. ;-)
Ich selber pendele etwas zwischen den beiden Polen. Neige aber eher zu einer kritischen Sicht der historischen Person. Inhaltlichen Diskussionen unter dem Label Trotzkismus kann ich aber trotzdem bisweilen durchaus folgen. Bin aber, wie gesagt, kein Trotzkist. ;-)
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txxx666,
Mittwoch, 7. November 2012, 14:55
Müsste eine_r denn Trotzkist_in sein, um das zu unterschreiben? Ist das nicht die alte marxianische These vom Haupt- und Nebenwiderspruch?
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cut,
Mittwoch, 7. November 2012, 17:46
Widersprüche
Das klingt doch so hässlich. Und ein quasi naturwissenschaftliches Gesetz ist es ja auch nicht. Aber klar, daher weht der Wind.
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kreuzbube,
Mittwoch, 7. November 2012, 21:43
Was soll man da unterschreiben? Rassimus, Verfolgung und Ermordung von Minderheiten gab und gibt es in totalitären Staaten und Gesellschaftssystemen, die nicht kapitalistisch sind. Da brauchen wir gar nicht die Jahrtausende der Menschheitsgeschichte Revue passieren lassen, sondern müssen nur die Sowjetunion betrachten. Die war nicht kapitalistisch, unter Stalin mit den Russifizierungen aber rassistisch und antisemitisch. (abgesehen davon, dass man in der Sowjetunion auch hunderttausende Geistliche, Mönche und Nonnen anderer Glaubensrichtungen ermordet oder interniert hat.
Die "Große Proletarische Kulturrevolution Maos" hat den Schätzungen nach zwischen 45 und 70 Millionen Menschen das Leben gekostet.
Der Kapitalismus hat kein Monopol auf "ideologisches Gift."
Die "Große Proletarische Kulturrevolution Maos" hat den Schätzungen nach zwischen 45 und 70 Millionen Menschen das Leben gekostet.
Der Kapitalismus hat kein Monopol auf "ideologisches Gift."
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cut,
Mittwoch, 7. November 2012, 22:15
Ich will da nichts rechfertigen oder relativieren. Denke aber, dass man (mit Kofler) den Stalinismus auch als eine Art Kaderbürokratie betrachten kann, die auf der Grundlage einer nachgeholten ursprünglichen Akkumulation herrschte. Gleiches gilt für das ökonomisch rückständige China zur Zeit Maos.
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kreuzbube,
Donnerstag, 8. November 2012, 08:54
Mir geht es nicht darum, wie man die Sowjetunion oder China beschreibt. Rassismus und Verfolgung von Minderheiten gab es schon, als es noch keinen Kapitalismus gab und all das gab und gibt es auch dort, wo man mit großer Gründlichkeit dem Kapitalismus den Garaus machen will. Auf die Spitze getrieben natürlich in einem Fall wie bei den Roten Khmer, die kurzerhand einfach alle ermordeten, wo sich der Genozid wahllos gegen die eigene Bevölkerung richtete. Da macht es gar keinen Unterscheid, ob man Rasse oder Klasse verfolgt.
"Bald war jeder Überlebende zum Arbeiter gewandelt und gezwungen, eine schwarze Einheitskleidung zu tragen, die jede Individualität beseitigen sollte. Die Sprecher der Roten Khmer verkündeten den Beginn eines neuen revolutionären Zeitalters, in dem jede Form der Unterdrückung und der Gewaltherrschaft abgeschafft sei.
In den ersten Monaten dieser revolutionären Ära verwandelte sich das Land in ein gigantisches Arbeits- und Gefangenenlager. Tagesarbeitszeiten von zwölf Stunden oder mehr waren keine Seltenheit, und jeder Schritt der Arbeiter wurde so überwacht, dass fast jeder um sein Leben fürchten musste. So konnte auch, wer zu spät zur Arbeit kam, wegen des Verdachts auf Sabotage hingerichtet werden. Geld wurde abgeschafft, Bücher wurden verbrannt, Lehrer, Händler und beinahe die gesamte intellektuelle Elite des Landes wurde ermordet, um den Agrarkommunismus, wie er Pol Pot vorschwebte, zu verwirklichen. "
http://de.wikipedia.org/wiki/Rote_Khmer
Wenn so etwas kein ideologisches Gift ist, was denn dann?
"Bald war jeder Überlebende zum Arbeiter gewandelt und gezwungen, eine schwarze Einheitskleidung zu tragen, die jede Individualität beseitigen sollte. Die Sprecher der Roten Khmer verkündeten den Beginn eines neuen revolutionären Zeitalters, in dem jede Form der Unterdrückung und der Gewaltherrschaft abgeschafft sei.
In den ersten Monaten dieser revolutionären Ära verwandelte sich das Land in ein gigantisches Arbeits- und Gefangenenlager. Tagesarbeitszeiten von zwölf Stunden oder mehr waren keine Seltenheit, und jeder Schritt der Arbeiter wurde so überwacht, dass fast jeder um sein Leben fürchten musste. So konnte auch, wer zu spät zur Arbeit kam, wegen des Verdachts auf Sabotage hingerichtet werden. Geld wurde abgeschafft, Bücher wurden verbrannt, Lehrer, Händler und beinahe die gesamte intellektuelle Elite des Landes wurde ermordet, um den Agrarkommunismus, wie er Pol Pot vorschwebte, zu verwirklichen. "
http://de.wikipedia.org/wiki/Rote_Khmer
Wenn so etwas kein ideologisches Gift ist, was denn dann?
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cut,
Donnerstag, 8. November 2012, 09:54
Kein Widerspruch. Reinstes Gift. Zur Erklärung finde ich Karl August Wittfogels Theorie der orientalischen Despotie ganz hilfreich.
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cassandra_mmviii,
Mittwoch, 7. November 2012, 18:18
Erstmal richtig. Ohne Antikapitalismus müssten wir uns alle freuen, daß Frauen jetzt BundeskanzlerIn werden können.
Erstens habe ich (als Kind der 1970) so oft gehört, daß Frauen alles können, daß mich allein die Tatsache, daß ein Bundeskanzlerwesen XY-Chromosomen hat, echt nicht umhaut vor Überraschung oder Begeisterung.
Zweitens heißt das nicht, daß da wegen xy-Chromoson automatisch vernünftige Politik bei rauskommen muß.
Der nicht ultrageheime Grund, weshalb ich die "Frauenquote in der Wirtschaft" für Mumpitz halte ist: supi, dann ist der Großkapitalist halt eine Großkapitalistin. Ändert aber nichts.
Erstens habe ich (als Kind der 1970) so oft gehört, daß Frauen alles können, daß mich allein die Tatsache, daß ein Bundeskanzlerwesen XY-Chromosomen hat, echt nicht umhaut vor Überraschung oder Begeisterung.
Zweitens heißt das nicht, daß da wegen xy-Chromoson automatisch vernünftige Politik bei rauskommen muß.
Der nicht ultrageheime Grund, weshalb ich die "Frauenquote in der Wirtschaft" für Mumpitz halte ist: supi, dann ist der Großkapitalist halt eine Großkapitalistin. Ändert aber nichts.
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cut,
Mittwoch, 7. November 2012, 22:41
Als Mann würde ich das so ja nicht sagen. Manchmal sollte man tatsächlich erst einmal zuhören und die Klappe halten. Da ist schon was dran. Zustimmen kann man ja immer noch. ;-)
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