Donnerstag, 11. Juli 2013
In welcher Epoche des Kapitalismus leben wir?
cut, 14:15h
Kurzes Zitat bezüglich Schönheit und Leidenschaft (darum geht es doch letztlich) aus einem langen Beitrag. Der Text ist aus dem Januar 2013. Habe ihn aber erst die Tage gelesen:
Der Bewusstseinszustand für Schönheit und Leidenschaft ist, so Leo Kofler: „im marxistischen System deshalb von größter Wichtigkeit, weil sie allem Mechanismus, Ökonomismus und Biologismus widerspricht, d.h. das Menschenbild auf jene Ebene der Vielseitigkeit und Fülle hebt, auf der allein die Begriffe der Selbstverwirklichung, des Gattungsmäßigen und des Fortschritts voll verstanden und für die Praxis ausgeschöpft werden können." (Tilman Rosenau, Die Ökonomie der Arbeitswelt)
Vielleicht noch 1-2 Sätze zum Thema Marxismus und Anthropologie. Damit dürften ein paar Leute Schwierigkeiten haben. Mir scheint die Verbindung aber wichtig, ja unverzichtbar zu sein. Daher:
„Jede kritische Theorie marxistischer Struktur setzt (nach Kofler) einen exakt definierten Begriff des Menschen, eine exakte Definition seines eigentlichen Wesens voraus. Diesen Begriff zu formulieren und eine solche Definition zu finden, ist die Aufgabe der Anthropologie.“
(Günter Brakelmann, Anthropologie und Humanismus bei Kofler. Eine Darstellung)
Der Bewusstseinszustand für Schönheit und Leidenschaft ist, so Leo Kofler: „im marxistischen System deshalb von größter Wichtigkeit, weil sie allem Mechanismus, Ökonomismus und Biologismus widerspricht, d.h. das Menschenbild auf jene Ebene der Vielseitigkeit und Fülle hebt, auf der allein die Begriffe der Selbstverwirklichung, des Gattungsmäßigen und des Fortschritts voll verstanden und für die Praxis ausgeschöpft werden können." (Tilman Rosenau, Die Ökonomie der Arbeitswelt)
Vielleicht noch 1-2 Sätze zum Thema Marxismus und Anthropologie. Damit dürften ein paar Leute Schwierigkeiten haben. Mir scheint die Verbindung aber wichtig, ja unverzichtbar zu sein. Daher:
„Jede kritische Theorie marxistischer Struktur setzt (nach Kofler) einen exakt definierten Begriff des Menschen, eine exakte Definition seines eigentlichen Wesens voraus. Diesen Begriff zu formulieren und eine solche Definition zu finden, ist die Aufgabe der Anthropologie.“
(Günter Brakelmann, Anthropologie und Humanismus bei Kofler. Eine Darstellung)
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rocky raccoon,
Donnerstag, 11. Juli 2013, 16:25
Außer der Überschrift verstehe ich ja nicht all zu viel. Zur Frage in der Überschrift: sicherlich nicht in der Blütezeit. Alleine dieses ewige Gesülze von der ressourcen-vernichtenen Wachstumsnotwendigkeit macht doch deutlich: so kann es nicht weiter gehen. Zudem macht das Wirtschaftssystem (also der Kapitalismus) das politische System kaputt. Kann man zur Zeit ja sehr schön sehen. Eine nachhaltige Änderung tut not; wird aber nicht mehr zu unseren Lebzeiten passieren.
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cut,
Freitag, 12. Juli 2013, 00:26
Zu unseren Lebzeiten ...
Kommt darauf an, wie alt wir werden. Ein paar Jährchen haben wir ja noch vor uns. Sozialastrologische Prophezeiungen möchte ich aber trotzdem nicht machen. Mit der Zeit wird man ja klüger. Sogar ich. Hoffe ich zumindest.
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kreuzbube,
Donnerstag, 11. Juli 2013, 17:10
„Jede kritische Theorie marxistischer Struktur setzt (nach Kofler) einen exakt definierten Begriff des Menschen, eine exakte Definition seines eigentlichen Wesens voraus"
Na viel Spaß bei diesem Versuch. Denn das wird noch sehr spannend, je nachdem was die Biogenetik und die Medizin noch aus dem Hut zaubern. Wo beginnt oder endet der Mensch, wenn sich künstliche Intelligenz entwickelt? Was, wenn Körper und Geist sich dereinst voneinander trennen werden? Alles, was im Bereich der Science Fiction nur angedacht wurde, wird in ferner Zukunft überboten werden. Gemessen daran sind unsere auf die winzigen von uns überschauten Zeiträume bezogenen Definitionen bestenfalls eine Momentaufnahme. Für unsere Nachkommen, in welcher Form diese auch immer existieren werden, werden unsere schlauen Theorien über Mensch und Gesellschaft nichts anderes als grobe Höhlenmalereien sein. "Ah, so haben die damals versucht, sich die Welt zu erklären."
Na viel Spaß bei diesem Versuch. Denn das wird noch sehr spannend, je nachdem was die Biogenetik und die Medizin noch aus dem Hut zaubern. Wo beginnt oder endet der Mensch, wenn sich künstliche Intelligenz entwickelt? Was, wenn Körper und Geist sich dereinst voneinander trennen werden? Alles, was im Bereich der Science Fiction nur angedacht wurde, wird in ferner Zukunft überboten werden. Gemessen daran sind unsere auf die winzigen von uns überschauten Zeiträume bezogenen Definitionen bestenfalls eine Momentaufnahme. Für unsere Nachkommen, in welcher Form diese auch immer existieren werden, werden unsere schlauen Theorien über Mensch und Gesellschaft nichts anderes als grobe Höhlenmalereien sein. "Ah, so haben die damals versucht, sich die Welt zu erklären."
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cut,
Freitag, 12. Juli 2013, 00:30
Nicht unbedingt. Brakelmann arbeitet das eigentlich ganz gut aus (finde ich zumindest). Es geht Kofler um die anthropologisch definierbaren formalen Voraussetzung menschlicher Existenz:
Im Klartext: Kofler ist mit Marx der Zuversicht, dass sich die Geschichte auf dem Wege zu immer höheren Stufen der Freiheit entwickelt, natürlich durch widersprüchliche Prozesse hindurch. Er sieht beim Menschen die formalen anthropologischen Voraussetzungen gegeben, durch bewusste zielgerichtete Tätigkeit die Geschichte so zu machen (‘Geschichte wird vom Menschen gemacht’), dass das Reich freiheitlicher Selbstverwirklichung sich ereignen kann.
In konkreten historischen Situationen und Zeiten sieht der konkrete Mensch dabei immer ganz anders aus. Das spricht aber nicht dagegen. Im Bewusstsein des Menschen existieren die Voraussetzungen, die von ihm selbst gemachte Entfremdungs- und Unterdrückungsgeschichte in eine ebenfalls selbstgemachte Befreiungsgeschichte zu transformieren (schreibt Brakelmann ganz am Ende).
Im Klartext: Kofler ist mit Marx der Zuversicht, dass sich die Geschichte auf dem Wege zu immer höheren Stufen der Freiheit entwickelt, natürlich durch widersprüchliche Prozesse hindurch. Er sieht beim Menschen die formalen anthropologischen Voraussetzungen gegeben, durch bewusste zielgerichtete Tätigkeit die Geschichte so zu machen (‘Geschichte wird vom Menschen gemacht’), dass das Reich freiheitlicher Selbstverwirklichung sich ereignen kann.
In konkreten historischen Situationen und Zeiten sieht der konkrete Mensch dabei immer ganz anders aus. Das spricht aber nicht dagegen. Im Bewusstsein des Menschen existieren die Voraussetzungen, die von ihm selbst gemachte Entfremdungs- und Unterdrückungsgeschichte in eine ebenfalls selbstgemachte Befreiungsgeschichte zu transformieren (schreibt Brakelmann ganz am Ende).
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rocky raccoon,
Freitag, 12. Juli 2013, 09:45
Der Blick zurück zeigt aber anderes: die Starken beherrschen die Schwachen. Warum soll sich das ändern? Das "Reich freiheitlicher Selbstverwirklichung" (was für ein schwurbeliger Begriff) sehe ich nicht am Horizont.
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cut,
Freitag, 12. Juli 2013, 10:07
Am Horizont sehe ich auch nichts. Keine radikale Opposition nirgends. Kein offensiver Klassenkampf. Nichts.
Aber möglich wäre es. Die Freiheit ist möglich. Nur darum geht es. Es ist nicht unmöglich, weil der Mensch angeblich faul oder schlecht oder sonstwas ist. Bürgerlich nihilistische Apologeten der herrschenden Klasse präsentieren ja oft derartige Menschenbilder. Verewigt wird dadurch die Erscheinungsweise unter den Bedingungen der kapitalistischen Eigentums- und Klassenverhältnisse.
Aber möglich wäre es. Die Freiheit ist möglich. Nur darum geht es. Es ist nicht unmöglich, weil der Mensch angeblich faul oder schlecht oder sonstwas ist. Bürgerlich nihilistische Apologeten der herrschenden Klasse präsentieren ja oft derartige Menschenbilder. Verewigt wird dadurch die Erscheinungsweise unter den Bedingungen der kapitalistischen Eigentums- und Klassenverhältnisse.
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