Donnerstag, 14. Juni 2007
Kein Besuch beim Zahnarzt
cut, 22:13h
Ein lieber Freund von mir hat ein Problem. Nennen wir ihn, um die Anonymität, seine Persönlichkeitsrechte und das Ansehen bei seinen Freunden zu wahren, einfach einmal B. B also, hat ein Problem. Ein Problem mit seinen Zähnen. Um die Geschichte zu erläutern, muss ich etwas weiter ausholen. Als kleiner Junge wurde B von seinen Eltern regelmäßig mit zum Zahnarzt genommen. Später dann wurde er ebenso regelmäßig in vorbildlicher Weise alleine dorthin geschickt. Denn ein gesundes Gebiss erfordert ja regelmäßige zahnärztliche Begutachtung. Dieser spezielle Zahnarzt nun genoss in der Elternschaft der Gegend einen hervorragenden Ruf. Keiner von diesen neumodischen Weichbohrern, nein, ein Arzt vom rechten Schlag. Da tat es zwar schon einmal etwas weh, aber dafür hielten die Füllungen auch bis zum Jüngsten Tag. Der konnte noch richtig anpacken. Bei seinen jüngeren Patienten war er nicht ganz so beliebt. Aber was konnte man machen. Tatsächlich muss er ein rechter Sadist gewesen sein. So wusste B bis zu seinem dreizehnten oder vierzehnten Geburtstag beispielsweise nicht, dass Zahnbehandlungen auch mit Betäubung durchgeführt werden konnten (die Eltern sprachen über so etwas nicht. Welcher echte Junge braucht schon eine Betäubung beim Zahnarzt.). Und jeder Gang zum Zahnarzt war für ihn so wie ein Gang zum Schafott. Daher stellte B mit fünfzehn Jahren den Zahnarztbesuch ein. Den Erzählungen von einer Spritze mit einem Betäubungsmittel gegen den Schmerz schenkte er keinen Glauben. Diesen Zahnarztboykott hielt er wacker durch. Eine lange Zeit. Eine sehr lange Zeit. Bis heute.
Neulich gestand er mir nun, dass er ernsthafte Probleme mit seinen Zähnen habe. Keine Schmerzen, nein, aber zahlreiche Backenzähne auf beiden Seiten, oben und unten, seien in einem bedauernswerten Zustand. Ruinen. Ein Bild des Grauens. Acht, neun oder zehn Zähne seien nicht mehr zu retten. Weggefault, zerbröselt, im Eimer. Nun handelt es sich bei B um keinen halbdebilen syphilitischen Alkoholiker im Endstadium. Nein. Eigentlich eher ein intelligenter, korrekter und ordentlicher Typ. Er traut sich nur nicht zum Zahnarzt. Und die Tatsache, dass er darüber spreche, solle mir klarmachen, wie ernst die Lage sei. Zum Zahnarzt aber ginge er nicht. Zahnersatz könne er sich eh nicht leisten. Wenn schon einen Kredit aufnehmen, dann lieber für ein kleines Eigenheim im Grünen oder einen großen Sportwagen. Was nun zu tun sei. Das fragst Du mich? Woher soll ich das wissen? Keine Ahnung. Ich war selber schon ewig nicht mehr beim Zahnarzt.
Neulich gestand er mir nun, dass er ernsthafte Probleme mit seinen Zähnen habe. Keine Schmerzen, nein, aber zahlreiche Backenzähne auf beiden Seiten, oben und unten, seien in einem bedauernswerten Zustand. Ruinen. Ein Bild des Grauens. Acht, neun oder zehn Zähne seien nicht mehr zu retten. Weggefault, zerbröselt, im Eimer. Nun handelt es sich bei B um keinen halbdebilen syphilitischen Alkoholiker im Endstadium. Nein. Eigentlich eher ein intelligenter, korrekter und ordentlicher Typ. Er traut sich nur nicht zum Zahnarzt. Und die Tatsache, dass er darüber spreche, solle mir klarmachen, wie ernst die Lage sei. Zum Zahnarzt aber ginge er nicht. Zahnersatz könne er sich eh nicht leisten. Wenn schon einen Kredit aufnehmen, dann lieber für ein kleines Eigenheim im Grünen oder einen großen Sportwagen. Was nun zu tun sei. Das fragst Du mich? Woher soll ich das wissen? Keine Ahnung. Ich war selber schon ewig nicht mehr beim Zahnarzt.
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