Samstag, 17. November 2007
Gespräch im Grill über den Tod
cut, 19:57h
Pommesbude, Düsseldorf-Derendorf* (tut mir auch nicht gut, keine Frage). Ich: "Doppelte Pommes mit Majo bitte." Sie: "Zum Hieressen?" Ich: "Ja, zum Hieressen bitte."
Ein anderer Grill, ein anderer Ort
Außer der Dame hinter der Theke ist nur noch ein weiterer Gast anwesend. Er isst nichts, trinkt aber eine Cola und raucht eine Zigarette. Offensichtlich kennt er die Dame hinter der Theke. Nachdem ich meine Pommes habe, setzt sich die Dame des Hauses zu ihm. Sie fährt fort, von ihm kaum unterbrochen, eine Geschichte zu erzählen.
Sie: "Der Jürgen**. Du kennst doch noch den Jürgen? Da, wo ich in seiner Bude am Stephansplatz gearbeitet habe. Da war was los. Ist Jahre her, als ich da angefangen hab. Der Laden lief. Ich sag Dir. Die Leute standen bis auf die Straße. Kein Witz. Sagenhaft. Bin da gerne gewesen. Viel Arbeit. Ist aber nie langweilig gewesen."
Er: "Der Jürgen? Da hab ich doch auch schon immer die Getränke geliefert. Guter Kunde. Feiner Kerl. Klar kenn ich den noch."
Sie: "Nee, das war der Imbiss am Markt, da in Oberbilk, da haben wir uns doch kennengelernt. Das ist viel länger her. Da bin ich weg und dann direkt zum Jürgen. Weißte doch, Mensch."
Sie macht eine kleine Pause, fährt dann fort: "Was ich aber eigentlich sagen wollte."
Unterbrechung: Kunde kommt rein und will ein halbes Hähnchen zum Mitnehmen.
Noch ein anderer Grill, noch ein anderer Ort
Danach Sie, nachdenklich: "Der Jürgen, den haben wir mit 38 zu Grabe getragen. Danach bin ich da dann auch weg. Hierhin. War schlimm damals, wirklich, war ganz schlimm. Hab den Jürgen gemocht. Guter Chef. Der hatte es ja mit dem Herzen. Mit 38. Muss man sich mal vorstellen. Darum sollte er ja auch operiert werden. Bypass. Der Arzt hat es ihm ja gesagt: Sie brauchen eine Bypass-Operation. Das ist wichtig. Lassen Sie das machen. Er wollte aber nicht. Sagt zu mir: Der Laden, wie soll denn das gehen? Siehst doch, was hier zu tun ist. Da kann ich mich nicht ins Krankenhaus legen. Das dauert Wochen. Das geht doch nicht. Geht einfach nicht. Ich sag zu ihm: Quatsch, dass geht schon. Hauptsache Gesund. Alles andere spielt keine Rolle. Gesundheit ist das allerwichtigste. Pass auf dich auf. Ohne geht nicht. Er hat das nicht einsehen wollen: Nee, geht aber nicht. Nicht jetzt. Und dann meine Frau und die Kinder. Geht einfach nicht. Klar, ist schon wichtig, muss gemacht werden. Aber später. Nächstes Jahr. Im Frühjahr, da sorg ich für, aber jetzt noch nicht... Ich hab es ihm immer wieder gesagt: Lass es machen. Aber er wollt ja nicht auf mich hören."
Sie macht eine Pause, holt eine Zigarette raus, zündet sie an und fährt fort:
"Und dann, er saß da, bei uns im Laden, hat was gegessen. War ja sein Imbiss. Er hat da oft was gegessen in seinem Imbiss. War auch wirklich gut. Er sitz da also und isst was. Und plötzlich läuft er raus. Weg ist er. Ohne was zu sagen. Sein Haus war ja direkt um die Ecke. Schönes Haus. Hatte er sich gekauft. Als die Kinder kamen. Schönes Haus. Alles vom Feinsten. Marmortreppenhaus, ehrlich, alles aus Gold, richtiger Marmor. Und teure Teppiche. Der Imbiss lief ja auch richtig gut. Und er hatte ja auch noch einen anderen Grill. Kurz vor seinem Haus ist er dann zusammengeklappt. War fast zu Hause. Hat er aber schon nicht mehr geschafft. Der Krankenwagen war dann ganz schnell da. Die haben ihn zum Evangelischen-Krankenhaus gefahren, nicht zur Uni-Klinik. Komisch. Obwohl die Uni-Klinik doch viel näher war. Hab ich nicht verstanden. Was soll denn so was? Verstehe ich nicht. Naja. Da, im Evangelischen-Krankenhaus, hat er sich dann noch von neun Uhr bis Mitternacht gequält. Dann hat er die Augen zu gemacht. Schlimm, ganz schlimmer Tag war das."
Und noch ein Grill
Ich hab dann gezahlt und bin gegangen. Feine Frau hab ich gedacht. Und das ist ganz ehrlich gemeint. Die Geschichte kam von Herzen. Kein Zweifel. So eine schöne Stimme kann nicht lügen. Und ich komm bestimmt noch mal wieder.
*Alle Orte sind geändert und frei erfunden.
**Alle Namen sind geändert und frei erfunden.
Ein anderer Grill, ein anderer Ort
Außer der Dame hinter der Theke ist nur noch ein weiterer Gast anwesend. Er isst nichts, trinkt aber eine Cola und raucht eine Zigarette. Offensichtlich kennt er die Dame hinter der Theke. Nachdem ich meine Pommes habe, setzt sich die Dame des Hauses zu ihm. Sie fährt fort, von ihm kaum unterbrochen, eine Geschichte zu erzählen.
Sie: "Der Jürgen**. Du kennst doch noch den Jürgen? Da, wo ich in seiner Bude am Stephansplatz gearbeitet habe. Da war was los. Ist Jahre her, als ich da angefangen hab. Der Laden lief. Ich sag Dir. Die Leute standen bis auf die Straße. Kein Witz. Sagenhaft. Bin da gerne gewesen. Viel Arbeit. Ist aber nie langweilig gewesen."
Er: "Der Jürgen? Da hab ich doch auch schon immer die Getränke geliefert. Guter Kunde. Feiner Kerl. Klar kenn ich den noch."
Sie: "Nee, das war der Imbiss am Markt, da in Oberbilk, da haben wir uns doch kennengelernt. Das ist viel länger her. Da bin ich weg und dann direkt zum Jürgen. Weißte doch, Mensch."
Sie macht eine kleine Pause, fährt dann fort: "Was ich aber eigentlich sagen wollte."
Unterbrechung: Kunde kommt rein und will ein halbes Hähnchen zum Mitnehmen.
Noch ein anderer Grill, noch ein anderer Ort
Danach Sie, nachdenklich: "Der Jürgen, den haben wir mit 38 zu Grabe getragen. Danach bin ich da dann auch weg. Hierhin. War schlimm damals, wirklich, war ganz schlimm. Hab den Jürgen gemocht. Guter Chef. Der hatte es ja mit dem Herzen. Mit 38. Muss man sich mal vorstellen. Darum sollte er ja auch operiert werden. Bypass. Der Arzt hat es ihm ja gesagt: Sie brauchen eine Bypass-Operation. Das ist wichtig. Lassen Sie das machen. Er wollte aber nicht. Sagt zu mir: Der Laden, wie soll denn das gehen? Siehst doch, was hier zu tun ist. Da kann ich mich nicht ins Krankenhaus legen. Das dauert Wochen. Das geht doch nicht. Geht einfach nicht. Ich sag zu ihm: Quatsch, dass geht schon. Hauptsache Gesund. Alles andere spielt keine Rolle. Gesundheit ist das allerwichtigste. Pass auf dich auf. Ohne geht nicht. Er hat das nicht einsehen wollen: Nee, geht aber nicht. Nicht jetzt. Und dann meine Frau und die Kinder. Geht einfach nicht. Klar, ist schon wichtig, muss gemacht werden. Aber später. Nächstes Jahr. Im Frühjahr, da sorg ich für, aber jetzt noch nicht... Ich hab es ihm immer wieder gesagt: Lass es machen. Aber er wollt ja nicht auf mich hören."
Sie macht eine Pause, holt eine Zigarette raus, zündet sie an und fährt fort:
"Und dann, er saß da, bei uns im Laden, hat was gegessen. War ja sein Imbiss. Er hat da oft was gegessen in seinem Imbiss. War auch wirklich gut. Er sitz da also und isst was. Und plötzlich läuft er raus. Weg ist er. Ohne was zu sagen. Sein Haus war ja direkt um die Ecke. Schönes Haus. Hatte er sich gekauft. Als die Kinder kamen. Schönes Haus. Alles vom Feinsten. Marmortreppenhaus, ehrlich, alles aus Gold, richtiger Marmor. Und teure Teppiche. Der Imbiss lief ja auch richtig gut. Und er hatte ja auch noch einen anderen Grill. Kurz vor seinem Haus ist er dann zusammengeklappt. War fast zu Hause. Hat er aber schon nicht mehr geschafft. Der Krankenwagen war dann ganz schnell da. Die haben ihn zum Evangelischen-Krankenhaus gefahren, nicht zur Uni-Klinik. Komisch. Obwohl die Uni-Klinik doch viel näher war. Hab ich nicht verstanden. Was soll denn so was? Verstehe ich nicht. Naja. Da, im Evangelischen-Krankenhaus, hat er sich dann noch von neun Uhr bis Mitternacht gequält. Dann hat er die Augen zu gemacht. Schlimm, ganz schlimmer Tag war das."
Und noch ein Grill
Ich hab dann gezahlt und bin gegangen. Feine Frau hab ich gedacht. Und das ist ganz ehrlich gemeint. Die Geschichte kam von Herzen. Kein Zweifel. So eine schöne Stimme kann nicht lügen. Und ich komm bestimmt noch mal wieder.
*Alle Orte sind geändert und frei erfunden.
**Alle Namen sind geändert und frei erfunden.
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